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Stefan Bellof: Ein viel zu kurzer Traum

Kolumne von Guido Quirmbach
Stefan Bellof

Stefan Bellof

Für die meisten deutschen Motorsport-Fans war in den frühen 1980ern Stefan Bellof der grosse Hoffnungsträger

Früher war alles besser, das hört man im Motorsport besonders gern. Ich hätte auch gern früher an der Strecke gestanden und Caracciola, Fangio oder Siffert bewundert. Ging aber nicht. Aber ich habe als jungen Fan Stefan Bellof erlebt. Und verbinde damit noch heute, 25 Jahre nach dem traurigen Ende, Emotionen, wie ich sie im Motorsport niemals mehr erlebt habe.

 
Der deutsche Motorsport zu jener Zeit plätscherte so vor sich hin. Es gab sehr gute Sportwagen-Piloten, in der Formel 1 aber gab es niemanden. 1981 bei meinem ersten Grand Prix in Hockenheim fuhr gar kein Deutscher mit. ATS als deutsches Team versuchte sein Glück mit einem schwedischen Schlagzeuger namens Slim Borgudd, ansonsten spielte die selbsternannte Auto-Nation Nummer 1 keine Rolle. Ein wenig Hoffnung setzten einige in Manfred Winkelhock, der unbedingt in die Formel 1 wollte, wie er in jedem Interview betonte. Aber ein jeder objektive Betrachter hatte seine Zweifel, Winkelhock war ein Super-Typ, aber nicht der, um den sich Spitzenteams rissen. Budget hiess das Zauberwort und Pay-Driver waren auch schon damals gleichbedeutend mit nicht siegfähigen Autos. Ein Deutscher Pilot, der in der Formel 1 gewinnen konnte, war jedenfalls nicht in Sicht.

1981 sah ich auch erstmals ein Formel 2-Rennen, beim Eifelrennen auf der Nordschleife siegte der Belgier Thierry Boutsen, der damals von Jacky Ickx gefördert wurde. «Das wird mal ein guter», dachte ich mir. Kaum hört der eine gute Belgier (Ickx verkündete damals einige Male seinen Rücktritt) auf, kommt der nächste, so schaute man schon neidisch ins Nachbarland. Gut, es gab noch Christian Danner, der war in seinem Lehrjahr, aber auch da war nicht dieses Gefühl da, «Der ist es, der es schafft!»

In dem Jahr hörte ich aus den raren Informationsquellen auch erstmals von Stefan Bellof, nämlich, dass da ein junger Bursche ist, der die deutsche Formel 3-Szene aufmischt. Eine Woche vor dem Saisonauftakt der Formel 2 1982 las ich dann, dass eben jener Bellof im Maurer-Team die komplette Formel 2-Saison fährt. «Schön, dass ging ja schnell» dachte ich mir, rechnete aber in erster Linie mit den Werks-March und den neuen Spirit-F2, die von Boutsen und Johansson gefahren wurden. Am Sonntag dann in der Sport-Reportage die kurze Nachricht: «Der Giessener Stefan Bellof gewann im englischen Silverstone den ersten Lauf zur Formel2-Europameisterschaft....» Ich war von den Socken. Unfassbar. Erstmals, seit ich mich für Motorsport interessierte, gewann ein Deutscher ein bedeutendes Formel-Rennen.

Was wäre ich gerne zwei Wochen später nach Hockenheim zum nächsten Formel 2-Lauf gefahren. Mein Vater zeigte mir fröhlich den Vogel, mal gerade so 160km einfache Fahrt von Koblenz bis Hockenheim, und das für ein Autorennen, nee. Aber dank des ersten Erfolges konnte man bewegte Bilder in der Sportschau oder so sehen. Und wieder gewann der Kerl, ausgerechnet gegen den Boutsen, der mal ein Guter wird! Unglaublich.

Beim Eifelrennen 82 klappte es dann endlich. Samstags abends dann per Anhalter vom Schwalbenschwanz zu Start / Ziel, die Ordner wollten nicht schon wieder das Gejammer der zwei Autogrammsammler hören und liessen uns diesmal gleich ins Fahrerlager durch. Und dann stand ich erstmals vor ihm und da war nix: Das war kein Halbgott, kein arroganter Schnösel, sondern ein normaler Typ, eben neun oder zehn Jahre älter als wir, sonst nix. Autogramm, kurzer Plausch und tschüss. Genial. Wir hatten endgültig ein neues Idol!

Er gewann leider nicht, erfreute uns aber mit einer gigantischen Aufholjagd nach einem Reifenschaden. Mit 7.06.51 min fuhr er einen neuen und ewigen Formel 2-Rundenrekord, nur eine Zehntel über dem absoluten Rekord von Clay Reggazzoni im Formel 1-Ferrari. Wir fühlten uns bestätigt!

Der weitere Saisonverlauf war fast eine Enttäuschung, aber der haute uns nicht um. War eben nicht mehr drin. Wenn er nicht siegen konnte, schoben wir es eben aufs Material, basta. 83 wird er sicher Europameister und dann geht’s in die Formel 1, das stand für uns außer Frage.

Bei dem Theater 83 um die Heidegger-Triebwerke in Hockenheim, als Bellof nicht starten durfte, entwickelte ich dann erstmals und nicht zum letzten Mal eine Abneigung gegen Manager. Dann wieder das Eifelrennen, Formel 2: Wie immer, mein Freund und ich im Klappstuhl am Schwalbenschwanz, wir lauschten den Streckensprechern. Als einige Minuten nach dem Start Aussenposten Kalli Hufstadt von Breitscheit aus verkündete «das schwarze Auto mit der 4 ist vorne» hat er unser «Jaaaaaaaaaaaaaaa» wohl auch gehört. Einmal kam Bellof in Führung liegend an uns vorbei, dann war sein Rennen auch schon mit gerissenem Gaszug zu Ende!

Das 1000km-Rennen sollte unser nächster Höhepunkt werden, dummerweise hätten wir erst samstags nach der Schule anreisen können. Ich wollte aber unbedingt das Training am Samstag sehen, schließlich hat Bellof im Werks-Porsche 956 zuvor in Silverstone die arrivierten Herren im Quali deklassiert. Das Unglück vieler Leute war mein Glück, es gab Hochwasser und pünktlich am Freitag stand die Schule unter Wasser. Nix wie zum Ring. Bei der 6.16er Runde von Mass staunten wir ungläubig, bei den 6.11. min von Bellof klopften wir uns auf die Schenkel ohne Ende. Einfach geil, traumhaft.

Abends im Fahrerlager hatten wir fast schon das Gefühl, dazuzugehören, man glaubte fast, Bellof grüsst uns auch. Was natürlich nicht so war, aber dennoch, Fröhlichkeit durch und durch. Die erlitt am nächsten Tag einen Dämpfer, als wir nach seinem Abflug am Pflanzgarten die paar Meter rüber gegangen sind, sahen wir ihn erstmals mit sehr ernster Miene.

Für mich der Oberhammer war dann der Test im McLaren im Herbst 83. Es war McLaren, die diesen Kerl eingeladen haben, McLaren und nicht Theodore oder Spirit oder sonstige Gurkenteams. Das ist der Beweis, seine Fähigkeiten sind auch in der Formel 1 aufgefallen, er wird es schaffen. (Ok, die Verbindung McLaren/TAG/Porsche hat sicher etwas geholfen, aber das war uns egal!)

Im Gegensatz zu vielen fand ich es damals nicht so schlimm, dass Bellof oder besser Maurer das Formel 1-Angebot von Arrows für 1984 ausgeschlagen hatten. Dem Team traute ich nämlich nichts zu, ob mit oder ohne BMW. Tyrrell fand ich nicht so übel, wegen dem Verbrauch, schliesslich gab es 84 ein Sprit-Limit. Und Stefan zeigte ja dann mehrfach, was geht.

Sauer wurde ich im Sommer 84, als Stefan Bellof nach dem 1000km-Rennen auf dem neuen Nürburgring zum Teil richtig heftig kritisiert. Er konnte damals aus welchen Gründen auch immer im Regen nicht das Tempo von Stuck im Brun-Porsche und Boutsen im Fitzpatrick-Porsche gehen. Mit Bell gewann er zwar das Rennen, aber da gab es sogar Fachblätter, die behaupteten, er wäre ein schlechter Regenfahrer. Genau die gleichen, die ihn Wochen zuvor in Monaco noch hochjubelten.

Deshalb war der Sieg beim Supersprint 84, als er Rennsportmeister wurde, vielleicht für mich sein schönster Sieg. In 32 Runden unter katastrophalen Wetterbedingungen nahm er Boutsen eine Minute ab, plötzlich war er wieder der Regenkönig. Ansonsten ist mir das Wochenende noch gut in Erinnerung, weil ich zum Autogramm holen sogar im Sauwetter kurz in seinen Wohnwagen durfte. Aber es war auch das letzte Mal, dass ich ihn ohne Helm gesehen habe.

Am 1.9.85 stand ich in Spa an der Kurve von Rivage, als meine Stoppuhr ins Leere lief. Der Brun-Porsche, den ich auf der Uhr hatte und der seit ein paar Runden im Kampf um die Führung mit dem Rothmans-Porsche von Ickx war, kam nicht mehr.

Der Traum, der keiner war, ging viel zu schnell vorbei. Aber er war klasse, denn manches war früher wirklich besser!

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